Hitler gestorben – Zum Tod von Bruno Ganz

 

Unsere Leser werden es sicher mitbekommen haben. Gestern erlag der Schweizer Schauspieler Bruno Ganz im Alter von 77 Jahren einem Krebsleiden.

Genau 23 Jahre lang, seit Februar 1996, war er Nachfolger des Österreichers Josef Meinrad als Träger des Iffland-Ringes, einer Auszeichnung für den jeweils bedeutendsten deutschsprachigen Bühnenkünstler seiner Zeit. Ob nach einem Österreicher und einem Eidgenossen nun die Zeit gekommen ist, den Ring einem unbelasteten Deutschen der Nachkriegsgeneration zu vermachen, ist derzeit noch offen.

Sicher werden Viele Ganz‘ Verkörperung von Adolf Hitler in „Der Untergang“ (2004) als Höhepunkt seiner filmischen Karriere ansehen; der damalige Hype wirkt noch nach. Wir von terminegegenmerkel sehen das als medienkritisches Magazin freilich anders. Das bedeutsamste cineastische Werk des Schweizers, der daneben auch viel an Theatern wirkte, ist unserer Meinung nach Volker Schlöndorffs „Die Fälschung“ von 1981. Darin spielt Bruno Ganz einen Hamburger Journalisten, der im libanesischen Bürgerkrieg für die „große Story“ anfangs skrupellos über Leichen geht. Er stellt für reißerische Fotos sogar harte Kriegsszenen nach, was wiederum Menschenleben kostet. Heutzutage würde man es Fakenews im Relotius-Stil nennen. Erst spät, angeregt von privaten Problemen, kommen dem Journalisten Zweifel.

Dennoch hat die Hitler-Rolle die späte Karriere des Schauspielers so nachhaltig geprägt, daß auch wir nicht umhin können, näher darauf einzugehen. Schon 2004 war die Spielweise des Schweizers nicht unumstritten. Dümmliche Fragen wie „Darf man Hitler als Mensch darstellen?“ wurden sogar von eher politikfernen Kabarettisten klug gekontert. Michael Mittermeier beispielsweise hatte damals einen seiner lichten Momente und antwortete: „Joah wie sonst, ols Zierkarpfen mochda ned vui heah da Bursche!“

Auch die Aussagen über Angela Merkel sehr hörenswert: Michael Mittermeier

Problematisch dagegen war die geschichtsverfälschende Entscheidung von Regisseur Hirschbiegel, „seinen Hitler“ selbst bei normalen Tischgesprächen ständig wild gestikulieren und das „r“ rollen zu lassen. Zuverlässige Zeitdokumente, die schon lange bekannt waren, belegen ein viel normaleres Bild.

Hitlers normale Stimme

Spätestens an dieser Stelle wäre es die Pflicht von Bruno Ganz als Iffland-Ring-Träger gewesen, zu intervenieren, in seinem eigenen Interesse und in Verantwortung vor der geschichtlichen Wahrheit. Er tat es nicht, wohl aus Sorge, die Rolle zu verlieren, und gab somit dem kurzfristigen persönlichen Ruhm den Vorzug vor höheren Werten. Gerade ihm als Theater-Größe mußte klar gewesen sein, daß der national-sozialistische Führer auch eine Art Schauspieler war, der seine wagnerianischen Gesten und seine Art zu rrreden präzise einstudiert hatte und meist für bestimmte öffentliche Auftritte vor großem Publikum aufsparte.

Trotz unserer berechtigten Kritik möchten wir unserer Leserschaft die – sicher sehenswerte – Kernszene nicht vorenthalten. Den Moment, als der Diktator zumindest teilöffentlich die Niederlage im Zweiten Weltkrieg einräumen muß und sich dabei in Rage redet. Auf ähnliche Vorgänge in Merkels Führerbunker werden wir wohl noch geraume Zeit warten müssen.

Besser als in „Der Untergang“ war die Darstellung Hitlers in der etwa zeitgleich angefertigten internationalen TV-Großproduktion „Hitler – Aufstieg des Bösen“, die in Deutschland erstmals auf RTL 2 (!!!) zu sehen war. Hochkarätig besetzt bis in die Nebenrollen, auch mit deutschen Mimen. Den „Führer“ jedoch verkörperte der Schotte Robert Carlyle („Trainspotting“, „Die Asche meiner Mutter“), welcher nicht mit übertriebener optischer Ähnlichkeit glänzte, dafür aber mit mehr Realismus als Ganz, nicht nur, was die Sprechweise angeht.

 

12 Kommentare

  1. Nee, denkt doch mal nach! Als Josef Meinrad den Ring 1959 erhielt, waren Viele überrascht. Meinrad selbst erzählte zeitlebens gern die Anekdote, daß sein Vorgänger auf dem Sterbebett nur noch röcheln konnte: „Mein Rat ist…“ – und dann verschied. Die Zuhörer bezogen das auf Josef Meinrad.

    Gerüchteweise sollen die Leute gestern bei Bruno Ganz Schwierigkeiten gehabt haben, den Iffland-Ring von seinem Finger zu lösen, weil er ihn wegen seiner Erkrankung enger hat machen lassen, die Hand nun aber im Endstadium ödematös war. Ganz soll vorgeschlagen haben, es mit Wachs zu versuchen. „Hol‘ Wachs…“ Und Alle verstanden „Hallwachs“!

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